Abigale
METHODENBOX
BEREICH 2 & 3 Fächerübergreifende Übungen &
Fachspezifische Übung für Ethik und Gesellschaftskunde
ZIELGRUPPE
Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahren
INTERKULTURELLE KOMPETENZEN
- Toleranz
- Empathie and Dezentrierung
- Multiperspektivität
LERNZIELE
- Verständnis von Wertvorstellungen und kultureller Identität entwickeln
- Den Zusammenhang zwischen Werten und Kultur erkennen
- Den Einfluss unserer Kultur auf Verhaltensweisen und Standpunkte verstehen
ZEIT
2 Schulstunden
BENÖTIGTES MATERIAL
- Eine Kopie der Geschichte “Abigale” pro Schüler
ABLAUF DER ÜBUNG
- Die Lehrkraft macht die Schülerinnen und Schüler mit den Zielen der Übung vertraut (s. oben).
- Anschließend erhält jede Schülerin und jeder Schüler eine Kopie der Geschichte “Abigale”, die von der Lehrkraft einmal vorgelesen wird:
“Abigale liebt Tom, der auf der anderen Seite des Flusses lebt. Eine Flutwelle hat alle Brücken, die den Fluss überquerten, zerstört und lediglich ein Boot zurückgelassen. Abigale bittet Sinbad, den Besitzer des Bootes, sie auf die andere Seite des Flusses zu bringen. Sinbad willigt ein, aber verlangt jedoch, dass sie dafür mit ihm schläft.
Abigale weiß nicht, was sie tun soll und wendet sich an ihre Mutter und fragte diese, was sie an ihrer Stelle täte. Ihre Mutter erwidert ihr, dass sie sich nicht in ihre Angelegenheiten einmischen möchte.
In ihrer Verzweiflung schläft Abigale mit Sinbad, der sie anschließend über den Fluss fährt. Auf der anderen Seite rennt Abigale freudestrahlend zu Tom, fällt ihm in die Arme und erzählt ihm alles was passiert ist.Tom stößt sie schroff zurück und Abigale rennt davon.
Nicht weit von Toms Haus trifft Abigale John, Toms besten Freund. Sie erzählt auch ihm alles was passiert ist. John schlägt Tom für das was er Abigale angetan hat und geht mit ihr davon.”
- Die Schülerinnen und Schüler lesen die Geschichte nun ein zweites Mal und ordnen die Charaktere ihrem Verhalten nach: Wer hat sich am schlimmsten Verhalten? Wer am zweit schlimmsten? …
- Nachdem die Schülerinnen und Schüler ihre persönliche Reihenfolge festgelegt haben, finden sie sich in Kleingruppen (3-6) zusammen, um über ihre Einschätzung des Verhaltens der Charaktere zu diskutieren. Das Ergebnis der Diskussion soll in jeder Kleingruppe eine gemeinsame Reihenfolge sein, der jeder in der Gruppe zustimmen kann. Dabei soll die Reihenfolge nicht durch reine Abstimmung, sondern eine engagierte Auseinandersetzung mit den Argumenten (Was ist gut? Was schlecht? Was besser oder schlimmer?) erfolgen.
- Optional können in einem nächsten Schritt zwei Kleingruppen zusammengebracht werden, die sich wiederum untereinander auf eine gemeinsame Reihenfolge einigen müssen.
- Im Plenum werden die Ergebnisse schließlich zusammengetragen und Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Gruppen verglichen.
- Weitere Leitfragen für die Auswertung:
- Auf welcher Grundlage habt ihr eure Reihenfolge festgelegt?
- Wie konntet ihr ein gutes und wie ein schlechtes Verhalten beurteilen?
- Ist es schwierig über Werte zu diskutieren und zu verhandeln, um so eine Liste zu erstellen?
- Welche Argumente haben eure Mitschülerinnen und Mitschüler überzeugt?
- Ist es euch schwer gefallen, euch selbst auf andere Argumente einzulassen?
- Abschließend könnte noch erörtert werden, wo und bei wem wir gelernt haben, was gut und was schlecht ist.
EMPFEHLUNGEN
Diese Geschichte ist sehr anschaulich und hilft, Schülerinnen und Schülern das ansonsten eher abstrakte Wertekonzept zu verdeutlichen. Es versetzt die Schülerinnen und Schüler in eine sehr greifbare und konkrete Situation, in der Werte eine Rolle spielen und von den Schülerinnen und Schülern beurteilt werden sollen.
Varianten: Nach einem normalen Durchlauf der Übung lässt sich die Geschichte folgendermaßen verändern: alle Frauen werden zu Männern und umgekehrt. Geben Sie den Charakteren ein bestimmtes Alter und experimentieren Sie damit. Geben Sie allen Charakteren dasselbe Geschlecht. Fügen Sie einen ethnischen Hintergrund hinzu. Bleibt die Reihenfolge der Charaktere dieselbe? Welche Dinge verändern sich und warum?
Um ehrliche Ergebnisse zu erreichen, ist es wichtig eine offene Atmosphäre zu schaffen, in der jeder sich frei äußern kann und nicht für Meinungen, Fragen und Einstellungen, auch wenn sie den eigenen widersprechen, verurteilt wird. Gerade die unterschiedlichen Einschätzungen bereichern den Austausch und machen deutlich wie sehr die eigene Einstellung von eigenen Hintergründen und Erfahrungen anhängt.
QUELLEN
Intercultural Learning T-Kit 4, Council of Europe and European commission, 2001
https://www.jugendfuereuropa.de/downloads/4-20-59/tkit4DE.pdf