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Der Eisberg der Kulturen

METHODENBOX

BEREICH 2 Fächerübergreifende Übungen

ZIELGRUPPE

Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahren

INTERKULTURELLE KOMPETENZEN

  • Allgemeine Kenntnisse über Kultur
  • Kenntnisse über andere Kulturen
  • Wertschätzung und Respekt gegenüber kulturellen Unterschieden und Vielfalt

LERNZIELE

  • Den Kulturbegriff verstehen
  • Sich der eigenen Kultur bewusst werden und deren Einflüsse auf unser Verhalten und unsere Einstellungen
  • Institutionen, Bräuche, Traditionen, Gewohnheiten und aktuelle Themen kennen und verstehen lernen
  • die Fähigkeit entwickeln, vorurteils- und wertfrei über andere Kulturen sprechen zu können

ZEIT  

1 Schulstunde

BENÖTIGTES MATERIAL

  • Flipchartbögen und dicke Filzstifte
  • Abbildung, Theorie und Beschreibung des Eisbergs der Kulturen (siehe Anhang 1)
  • Gegenstände und Fotos der Schülerinnen und Schüler

ABLAUF DER ÜBUNG

  1. Jede Schülerin und jeder Schüler bringt einen Gegenstand oder ein Foto mit, welches seiner Ansicht nach seine Kultur am besten darstellt.
  2. Die Lehrkraft zeichnet die Abbildung eines Eisbergs an die Flipchart und sammelt alle Gegenstände bzw. Fotos, die sich der oberen und sichtbaren Hälfte des Eisbergs zuordnen lassen (z.B. auf einem Tisch oder symbolisch neben den Eisberg gezeichnet).
  3. Daraufhin wird das Modell erklärt und deutlich gemacht, dass lediglich 10% eines Eisbergs sichtbar sind und es sich bei der Betrachtung einer unbekannten Kultur ähnlich verhält.
  4. Die Schülerinnen und Schüler sollen nun die Merkmale einer Kultur (siehe Anhang 2) auf dem Eisberg positionieren und entscheiden, was oberhalb und was unterhalb der Wasserlinie liegt. Die Lehrkraft erinnert daran, dass sich die sichtbaren Merkmale im oberen Teil des Eisbergs (Gegenstände, Verhaltensweisen, etc.) gut beobachten lassen, während die im unteren (Werte, Glaube, Tabus, Einstellungen, etc.) oft nur schwer oder im Laufe der Zeit zu erkennen sind. Dabei sind es gerade die Merkmale im unteren Teil des Eisbergs, die emotional bedeutender sind.
  5. Im Gespräch sollte dann auf den Zusammenhang zwischen den sichtbaren und unsichtbaren Aspekten eingegangen werden, z.B. das religiöser Glaube zwar (was die Haltung betrifft) eher zur verborgenen Seite des Eisbergs gehört, mitunter jedoch auch sehr deutlich sichtbar werden kann in Form von Bräuchen, Gewändern und Symbolen.
  6. Welche der mitgebrachten Gegenstände und Fotos lassen sich im unteren Teil des Eisbergs unterbringen und fallen eher in die unsichtbare Kategorie? Entsprechende Begriffe werden im Eisberg festgehalten.
  7. Inwiefern werden unterschiedliche Verhaltensweisen durch bestimmte Wertvorstellungen geprägt? (Beispiel: Welchen Respekt weisen Kulturen gegenüber älteren Menschen auf? Bieten sie ihnen eine Platz im Bus an? Tragen sie ihnen die Einkäufe? Helfen sie ihnen über die Straße? Behalten ältere Menschen einen Platz in der Gesellschaft und im täglichen Leben oder werden sie in Seniorenheimen untergebracht?)
  8. Genauso können Verhaltensweisen durch gegensätzliche Werte hervorgerufen werden: z.B. jemand der Überstunden macht. Sind Ehrgeiz und Karrieredenken die zugrundeliegenden Werte? Oder ist es das Wohl der Familie?
  9. Schlussfolgerung: Wenn wir anderen Kulturen begegnen, tendieren wir dazu, das beobachtete Verhalten durch unseren eigenen Eisberg zu interpretieren, unsere Werte und Denkweisen zugrunde zu legen, wodurch es zu einem Kulturschock kommen kann. Es ist wichtig sich immer wieder vor Augen zu führen, das fremde Verhaltensweisen ihre Wurzeln in nicht klar sichtbaren Werten haben.

EMPFEHLUNGEN / TIPPS

Diese Schlussfolgerung kann zu weiteren Übung überführen, bei denen es darum geht, zu beobachten ohne zu werten.

QUELLEN

AFS Student Learning Journey Curriculum, Culture Matters (The Peace Corps Cross-Cultural Workbook)

Anhang 1: Der Eisberg der Kulturen

Eines der bekannten Kulturmodelle ist der Eisberg. Dabei geht es um die verschiedenen Merkmale, die eine Kultur ausmachen und teils deutlich sichtbar sind, teils im Verborgenen liegen und vom Außenstehenden erst entdeckt werden müssen.

Der Eisberg bietet sich als Symbol an, da es wie bei Kulturen nur ein recht kleiner Teil ist, der oberhalb der Wasseroberfläche liegt. In einer Kultur wäre das z.B. Architektur, Kunst, Essen, Musik, Sprache, etc.

Der größere Teil des Eisbergs liegt unterhalb der Wasseroberfläche und entzieht sich (zunächst) dem Blick des Betrachters. Und doch ist es genau dieser unsichtbare Teil, der das (ge)wichtige Fundament des Eisbergs und auch einer Kultur darstellt. Er ist allerdings schwieriger zu fassen und beinhaltet versteckte Merkmale wie Werte, Normen, Denkweisen, Haltungen, Einstellungen, Glaube, ein grundlegendes Verständnis von Natur, Raum und Zeit und die Hintergründe einer Kultur.

Das Modell macht deutlich, dass es schwierig ist, sich bei der Betrachtung einer Kultur nicht nur von Äußerlichkeiten und oberflächlichen Informationen leiten zu lassen, sondern zu versuchen hinter die Fassade bzw., um bei unserem Bild zu bleiben, unter die Oberfläche zu schauen. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass die unsichtbaren Merkmale sich oft in den sichtbaren wiederspiegeln.

Weitere Hintergrundinformationen:

Lipiansky (1993) beschreibt zwei Verhaltensweisen oder „soziokognitive Mechanismen“, die man mit einer gewissen Zuverlässigkeit bei jedem Einzelnen antrifft, der mit Andersartigkeit konfrontiert wird: Kategorisierung und Ethnozentrismus.

 

Kategorisierung

Hierbei handelt es sich um die Tendenz jeder Person, im Anderen die Bestätigung der Vorurteile zu suchen, die sie gewöhnlich der Kategorie zuschreibt, der er angehört, und zu versuchen, die Charaktermerkmale dieser Kategorie in seinen Verhaltensweisen und Einstellungen wiederzuerkennen.

 

Ethnozentrismus

Hierbei handelt es sich um unser Bestreben, andere Kulturen durch den uns eigenen Bezugsrahmen zu erfassen und zu beurteilen. Diese Einstellung – Quelle von Missverständnissen in der zwischenmenschlichen Kommunikation – kann anhand des Eisbergs von Robert Kohls erklärt werden.

 

Er unterscheidet zwei Ebenen von Kultur:

das Bekannte: Darunter versteht man alles, was ein Individuum von seiner Kultur zu erkennen gibt; alles, was man an ihm „von außen“ erkennen kann und was man Artefakte nennt: sein Verhalten, seine Sprache, Sitten und Gebräuche usw. Dies ist die sichtbare Seite des Eisbergs.

das Unbekannte bezieht sich auf alle psychologischen Faktoren der Kultur: Wertesystem, Normen, Denkweisen, Weltanschauungen. Dies ist die unsichtbare Seite des Eisbergs, die in impliziter und verschlüsselter Weise in der Kultur vorhanden und dem Einzelnen oft unbewusst ist.

Nach diesem Schema kann man Ethnozentrismus als einen Mechanismus definieren, mitdem man die kulturellen „oberhalb des Wasserspiegels“ befindlichen Merkmale einer anderen Kultur ausgehend von den kulturellen „unter Wasser liegenden“ Merkmalen der eigenen Kultur beurteilt. In Unkenntnis der unsichtbaren Seite der anderen Kultur tendieren wir dazu, den Anderen auf das, was wir unmittelbar von ihm wahrnehmen, zu reduzieren. Und wir neigen dazu, ihn verstehen zu wollen, ohne sein Bezugssystem zu kennen und ohne zu ahnen, dass dieses anders ist als das unsrige.

Indem man den Schülerinnen und Schülern diesen Mechanismus bewusst macht, fördert man das Verständnis von Andersartigkeit und die Wahrnehmung über die eigene Identität.

 

Anhang 2: Erscheinungsformen einer Kultur

 

Mimik Essgewohnheiten Vorstellung von Sauberkeit
Religiöser Glaube Auffassung von Bescheidenheit Gerechtigkeitsempfinden
Religiöse Rituale Essen Problemlösestrategien
Bedeutung von Zeit Allgemeines Weltbild Theater
Malerei Verständnis von Natur und Umwelt Körpersprache
Werte Volkstanz Auffassung von Erwachsensein
Literatur Kleidungsstil Zeitmanagement
Erziehungsstil Vorstellung von persönlichem Raum Architektur
Machtverhältnisse und Autorität Regeln sozialer Umgangsformen Volksmusik
Gesten Selbstverständnis Umgang mit Emotionen
Feriengewohnheiten Arbeitsethos Strukturen in Entscheidungsprozessen
Vorstellung von Fairness Vorstellung von Schönheit Wesen von Freundschaft

 

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